Aussie-Border-Mix-Welpe tickt regelmäßig aus

  • So, das Problem ist in meinem Fotothread schon angerissen worden, aber anscheinend schreibe ich dort zu viel darüber... also mach ich es mal hier, vielleicht kann mir jemand ja konstruktive Tipps geben.


    Also, ich habe seit ca. 1,5 Wochen einen Aussie-Border-Mix-Welpen. Er ist jetzt 10,5 Wochen alt. Ich hab mich vorher schlau gemacht, wie das so mit Hütehunden ist, und dass sie sehr viel Ruhe lernen müssen, nicht dauernd beschäftigt werden sollen und überhaupt auch nicht überfordert werden sollen. So gut es ging habe ich mich dran gehalten, wobei ich immer das Gefühl hatte, dass es eigentlich zu wenig ist - naja.


    Jetzt habe ich das Problem, dass der Kleine regelmäßig überdreht und dabei ziemlich heftig beißt. Ich lasse ihn so viel wie möglich schlafen, und hab schon die verschiedensten Tipps ausprobiert, wie ich ihn runterkriege, wenn er aufdreht. Jetzt wurde mir gesagt, dass ich ihn anscheinend mit meinem Verhalten fruste (und ihn dann nicht anleinen sollte, was bisher aber nur zwei Mal nötig war - sonst schaffen wir es eigentlich, ihn mit festhalten runterzukriegen). Die anderen sagen, es ist etwas, wo wir einfach durch müssen bzw. was halt eine Nervensache ist.


    Also, hat jemand vielleicht Tipps, wie die Erziehung aussehen sollte? Vor allem an die, die selber Hütehunde haben: Was habt ihr denn so den lieben langen Tag mit eurem Welpen gemacht oder nicht gemacht? Wäre schön, wenn mir jemand helfen könnte.

  • Die Frage ist ja, WAS machst du mit deinem Hund?


    In dem Alter hat man eigentlich noch nicht viel zu tun außer öfter zum reinen Lösen mit dem Hund raus gehen bzw. ihn raus bringen (keine Spaziergänge), füttern und schlafen lassen. Und das reicht für die ersten Wochen.


    Die ersten zwei Wochen würde ich fürs reine Ankommen lassen nutzen, also eigentlich gar nichts machen, außer den normalen Alltag vorleben. Dann kann man so ganz langsam anfangen, kleine Erkundungsgänge von Zuhause aus machen und alle zwei Tage mal einen kleinen, unbekannten Reiz setzen.
    Ich hab meine Welpen immer mal kurz mit in die Stadt genommen für eine kleine Besorgung (z.B. bei der Bank Geld abholen). Da hatte ich Auto fahren, ordentlich Aussteigen, Straßenverkehr, ruhiges Verhalten in der Bank auf dem Plan. Das waren dann vielleicht 10 bis 15 Minuten und das auch erst so ab 14./16. Woche (ich habe meine Welpen bewusst nicht mit 8 Wochen übernommen, sondern mit 11 und 14 Wochen). Und das hat dann für den Tag dicke gereicht.


    Ansonsten habe ich alle meine Welpen eher "sich groß schlafen" lassen und bewusst sehr wenig gemacht und hatte im Ergebnis, ruhige und entspannte Hunde.
    Hier und da mal ein kleiner Spaziergang ohne Leine, bewusste Kontakte zu erwachsenen Hunden, bewusst keine Welpenstunde und bewusst auch keine aufpushenden "Spiele" wie Ball werfen oder so was.
    Dafür aber sehr bewusst ein NICHTREAGIEREN auf bewegte Reize gefördert und Ruheverhalten hat sich für den Hund immer gelohnt.


    Kommt ein Welpe von alleine gut zur Ruhe, ist das super. Schafft er es nicht, wird er halt "gezwungen" über räumliche Eingrenzung und/oder dem Angebot von Kaumaterial z.B.


    Wenn er erst hochdrehen muss, war vorher sehr wahrscheinlich schon zu viel. Die dollen 5 Minuten zeigen den Übergang zwischen Spannung und Entspannung an.
    Also muss man viel eher drauf achten, dass der Welpe die Reize, die nun mal da sind, durch Schlaf verarbeiten kann.
    Wichtig sind, möglichst gleichbleibende Tagesstrukturen und Rituale zu etablieren, damit der Welpe weiß, wann was passiert und noch wichtiger, wann NICHTS passiert.


    Alles Weitere kommt so nach und nach. Die ersten formalen erzieherischen Maßnahmen wären bei mir "ab auf die Decke" beibringen und die ersten, spielerischen Ansätze eines Rückrufs und eines Abbruchsignals.
    Und ansonsten ganz normale soziale Alltagserziehung, die sich eh im Tagesablauf ergibt, wie z.B. Abwarten, bevor man etwas bekommt (beim durch Türen gehen, vor dem Fressen usw.).
    Also solche Dinge wie Frust aushalten lernen und Impulskontrolle (Selbstbeherrschung). Das sind ganz wichtige grundlegende Dinge für Jagd- und Hütehunde, denn darauf baut sich vieles andere nachher auf.


    Mit meinem letzten Welpen habe ich ab 4. Monat schon nebenher mit dem Dummytraining angefangen, in ganz kleinen Minischritten und erst mal nur die Einzelsequenzen erarbeitet (Nehmen und Geben des Dummys, Halten, Tragen, Suchen, Bringen).


    All diese Dinge konnte mein Hund lange bevor er Dressursachen wie Sitz und Platz gelernt hat, die ja schnell beigebracht sind.


    Orientiert habe ich mich immer am Hund selbst, was der gerade entwicklungs- und lerntechnisch auf dem Schirm hatte.

  • Ein vernünftiger Tag sieht so aus, dass der Hund gar nicht abdreht. Du machst Löcherstopferei. Festhalten, Anbinden ... das sind Maßnahmen, die Probleme deckeln, die es eigentlich gar nicht geben sollte!


    Da Du den Unterschied zwischen Aussies und BCs nicht kennst, erst mal dazu was:


    Der Aussie ist ein sogenannter "Mehrnutzungshund". An den Schafen ist er nicht so ausdauernd wie ein BC, lässt die auch mal stehen, sieht noch Dinge drumherum und arbeitet eher in aufrechter Körperhaltung mit wenig Auge. Das ist auch gut so, weil er durch die geringere Anspannung das überhaupt kann. Denn er kann sich nicht so gut beherrschen in der Arbeit wie ein BC, wenn die Anspannung steigt. Dann geht er sehr schnell offensiv nach vorne und kann sich schlechter beherrschen (erkennst du was wieder?). Das ist für seinen zweiten Job notwendig, das Bewachen von Territorium und Ressourcen gegenüber Menschen und Hunden. Denn diese bewacht er unmissverständlich und ist darauf selektiert eigenständig zu entscheiden - ohne den Besitzer zu fragen.


    Diese Eigenschaf wiederum hat der BC überhaupt nicht. Allerdings ist er wegen seines im Alltag eher schwachen Nervenkostüms keine Bereichung für den Aussie in dem Bereich, denn es forciert, dass die Nerven noch viel schneller dabei hochgehen und ein offensiv nach vorne gerichtetes Verhalten bei Problemen stattfindet. (Erkennst Du was wieder?) Gepaart mit der Aggressionsbereitschaft des Aussies ... nunja, das ist jetzt schon nicht schön, das wird aber noch viel unschöner, wenn das Wachverhalten später erst mal anspringt. Wenn es ganz blöd läuft, ist der Hund in der einen Sekunde ein menschenfreundlicher BC und in der anderen ein Aussie ... (Kenne diese Mischung häufiger, das ist nicht fiktiv, sondern tatsächlich Realität.)


    Der Border Collie ist ein ausdauernder Arbeiter, der besonders sensibel auf allen Sinnesorganen ist, damit man ihn auch auf große Distanzen noch lenken kann. Hört sich toll an, ist allerdings in unserer zugeballerten Umwelt ein Problem, weil er sehr, sehr, sehr schnell reizüberflutet ist. Da er ein zwanghafter Jäger ist (sein Verhalten an den Schafen beruht rein auf Jagdverhalten), flüchtet er sich gerne in solche Verhaltensweisen und findet kein Ende.


    Ich arbeite übrigens beruflich viel mit beiden Rassen. Sowohl im Alltag, als auch an den Schafen. Kein Schäfer würde sich freiwillig so einen Mischling ans Bein hängen ... die "funktionieren" nämlich nicht.

  • Am Anfang sah es so aus, dass er mich ca um 1 Uhr geweckt hat zum Lösen, ab um 5 Uhr war er dann wach. Ich hab mich kurz mit ihm beschäftigt (raus gehen, schnüffeln lassen, am Anfang habe ich mit ihm mit so nem Balltau oder Zerrspiel gespielt, hab das aber - nachdem er dadurch immer aufgedreht ist - sein lassen), dann wieder kaum etwas. Wir sind aufgestanden, geduscht, gefrühstückt, er döst. Mittags, wenn er wach war, kleine Schnüffelspiele und die ein oder andere Übung (Sitz, Stups oder Lass), so ca 2 - 3 Minuten. Mal sind wir raus gegangen, ein wenig zum Schnüffeln, mal nicht. Dann möglichst wieder nichts - sobald er runter gekommen ist (vor allem draußen in bekannter Umgebung fängt er gerne wieder das Schnappen an). Abends nochmal ähnliches Programm. Dazwischen immer mal wieder kraulen (er kuschelt nicht).


    Jetzt haben wir uns entschieden, morgens eine kleine Runde mit ihm zu drehen - viel schnüffeln und entdecken lassen, geringes Tempo, dann auch mal auf ner Bank sitzen und nichts tun. Danach ist er meist müde, schnappt zwar auf dem Rückweg gerne mal, lässt sich aber durch "Lass" einschränken. Tagsüber spielt er ab und an mit meinem Schwagerhund, so vielleicht 2x ca. 10 Minuten - wenn ich das Gefühl habe, dass er müde ist, aber trotzdem weitermacht, nehm ich ihn wieder raus aus dem Spiel, dann geht es ins Büro und er kann schlafen (was er meist auch macht).


    Abends ist es immer unterschiedlich. Mal eine kleine Gassirunde, letztens waren wir auf der Hundewiese, gestern Abend zum Schwagerhund zu Besuch. Möglichst nicht viel und immer mit Pausen - sitzen, gucken, schnüffeln.


    Ich hatte das Gefühl, dass wir so langsam auf dem richtigen Weg sind - und jetzt wurde mir gesagt, wenn er effektiv jeden Tag aufdreht, mach ich wohl bei ihm so ziemlich alles falsch.

  • Finde ich schon ein sehr straffes Programm für einen Hund der gerade mal vor 1 Woche eingezogen ist.


    Da waren wir noch voll in der Gewöhnungsphase an Umgebung und Menschen! Besuch, anderen Hunde etc. waren da bei uns noch gar nicht drinnen.

  • Ich hatte das Gefühl, dass wir so langsam auf dem richtigen Weg sind - und jetzt wurde mir gesagt, wenn er effektiv jeden Tag aufdreht, mach ich wohl bei ihm so ziemlich alles falsch.

    Naja, du hast dir da 'ne Mischung aus zwei Rassen ins Haus geholt, die zwar gerne zusammen in den Hütehunde-Topf geworfen werden, die aber – wie @flying-paws schon so großartig beschrieben hat – in vielen Bereichen ziemlich unterschiedlich sind. Für dich heißt das, dass du vermutlich extrem viel Fingerspitzengefühl und Geduld brauchen wirst, damit sich dein Hund nicht ständig selbst im Weg steht oder vom einen ins andere Extrem kippt. Wenn du 'ne richtige Aufgabe wolltest, da hast du eine... ;)

  • Woran machst du das fest, dass das überdrehen krankhaft ist?


    Warum sollte ein junges Tier nicht mal herumtoben wollen?
    Welche jungen Tiere und jungen Menschen wollen den ganzen Tag ruhig und konzentriert sein?


    Es ist kennzeichnend für junge Tiere immermal wieder explosionsartig loszutoben und zu spielen.


    Wenn möglich gibst du dem nach, und wenn er eine Chance hatte auch mal jung und ungestüm zu sein, dann kannst du eine Pause einfordern.


    Eventuell musst einigen einschränken, eventuell klappt das nicht gleich und eventuell akzeptiert er das nicht gleich.
    Aber das ist normal, es ist eben ein Lernprozess.


    Genauso wie du erst noch trainieren musst, was Überforderung, Protest oder Langeweile bei ihm ist.


    Immer wenn ich dachte, der flauschige Welpe besteht nur aus Zähnen und es gibt keine Umgebung in der er zur Ruhe kommt, war meiner totmüde und ist eingeschlafen während ich noch verzweifelt überlegt hab, was man wohl mit ihm machen soll.


    Aber das hat er gelernt oder er musste einfach reif und alt genug werden. Jetzt schläft er in den meisten Umgebungen wenn er müde ist. Auch ohne mein Eingreifen.

  • Eventuell musst einigen einschränken, eventuell klappt das nicht gleich und eventuell akzeptiert er das nicht gleich.
    Aber das ist normal, es ist eben ein Lernprozess.

    Das ist beim Aussie ein bisschen eine andere Nummer als beim BC ...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!