Hündin kastrieren lassen...

  • Hallo!
    ich brauche euren Rat.
    Unsere Hündin ist 2,5 Jahre alt, Sie ist ein unsicherer Hund.
    Während der Läufigkeit ist sie schlapp und momentan ist sie scheinträchtig,
    dies äußert sich indem sie vor allem mich bewachen und beschützen möchte...
    (Grundsätzlich ist das allgemein noch ein Thema bei uns, aber während der Scheinträchtigkeit ist es besonders schlimm)
    Ansonsten ist sie ein aktiver fröhlicher Hund nur im Umgang mit anderen Hunden zeigt sie sich unsicher (Leinenaggression...)
    Jetzt hatten meinen Eltern die Idee sie kastrieren zu lassen sie denken dass sich ihr Verhalten dann ändern könnte.
    Ich bin eigentlich dagegen, weil ich Angst um sie habe wenn sie in der Narkose ist und ich ihr das nicht antun möchte.
    Jetzt bin ich unsicher und wollte einfach euch mal fragen.
    Vielen Dank schon mal für die Hilfe

  • Eine Kastration wird das Verhalten verändern, allerdings ist hier die Frage, ob positiv oder negativ. Eine Hündin, die sich ausschließlich während der Läufigkeit aggressiv (z.B. gegenüber anderen Hunden/Tieren) verhält, würde das Verhalten durch eine Kastration recht wahrscheinlich nicht mehr zeigen.


    Du schreibst aber, dass sie eh ein Thema damit hat, dich beschützen zu wollen und in dieser Hinsicht aggressives Verhalten zeigt, die Scheinmutterschaft zeigt dieses Verhalten womöglich nur noch übersteigerter, da das Hormon Prolaktin hier wirkt.


    Jedes Verhalten, was außerhalb der Läufigkeit gezeigt wird, wird durch eine Kastration aber mitbeinflusst und das kann durch den Wegfall des Östrogens auch verschlimmert werden. Gerade im Bereich Ressourcenaggression (und dazu gehört manchmal auch das Menschen beschützen/Ressource = soziale Nähe) könnte das Verhalten verstärkt gezeigt werden.
    Dazu kommt, dass ein tendenziell eher unsicherer Hund seine körpereigenen Sexualhormone benötigt, um sich und Stress im Gleichgewicht zu halten. Das Östrogen beruhigt, gibt Selbstbewusstsein und reguliert den Cortisolspiegel.


    In eurem Fall besteht also eine große Gefahr, dass das Verhalten der Hündin in diesen Bereichen durch eine Kastration verschlimmert werden könnte.


    Vielleicht macht es in eurem Fall mehr Sinn, die Hündin während der Läufigkeit, Scheinschwangerschaft und Scheinmutterschaft homöopathisch zu unterstützen.




    Lies dir das mal durch (Quelle: Gansloßer):


    Das „Problem“ mit der Scheinträchtigkeit / Scheinmutterschaft
    Zunächst muss ganz klar differenziert werden: die tatsächliche Scheinträchtigkeit beginnt am Ende der Läufigkeit, also dann, wenn der Deckakt erfolgt wäre, und dauert, wie eine echte Trächtigkeit auch, 63 Tage. Danach folgt die heute meist fälschlich als Scheinträchtigkeit bezeichnete Scheinmutterschaft, also die Zeit, in der sich die Hündin um die Welpen kümmern und sie säugen würde, also das eigentliche Brutpflege­verhalten zeigt. Dadurch können sich auch ­Hündinnen, die selber keinen Nachwuchs haben, an der Aufzucht und Versorgung fremder Welpen be­teiligen.
    Die hormonellen Vorgänge sind ­dieselben wie bei belegten Hündinnen. In der Scheinträchtigkeit sorgt das Schwangerschaftshormon ­Progesteron für das eher anlehnungsbedürftige und ruhigere Verhalten der Hündin. Während der Scheinmutterschaft kommt dann das Eltern­hor-mon Prolaktin zum Zuge. Dieses ist verantwortlich für die Ausbildung des Gesäuges, die Milchproduktion, das Bauen von Nestern bzw. ­Wurfhöhlen, das Behüten und Bemuttern von Stofftieren und anderem. All das sind also rein physiologische Verhaltensmuster.
    Allerdings kann es zu diesen Erscheinungen nicht nur zyklusbedingt nach vorangegangener Läufigkeit kommen, sondern auch dann, wenn die Halterin oder eine andere Bezugsperson schwanger wird, oder ein Baby oder ein Welpe ins Haus kommt. Weil das Prolaktin direkt aus der Hirnanhangsdrüse kommt und auch ohne Beteiligung der Geschlechtsorgane über die Sinnesorgane oder andere Zentren im Gehirn aktiviert werden kann, findet man dieses Verhalten z.T. auch bei kastrierten Hündinnen. Eine Kastra­tion zur Vorbeugung ist also nur in den Fällen erfolgversprechend, bei denen es sich um regelmäßiges, ­zyklusbedingtes Verhalten handelt.
    Aggressionsverhalten
    Die Kastration als Mittel zur Aggressionskontrolle kann nur bei bestimmten Voraussetzungen in Betracht gezogen werden, und zwar dann, wenn die Auffälligkeiten eindeutig im Zusammenhang mit der Läufigkeit stehen. Wird die Hündin ausschließlich um die Läufigkeit herum kurzzeitig aggressiv oder unleidlich, kann gegebenenfalls durch eine Kastration eine Besserung erzielt werden.
    Anders bei Hündinnen, die das ­ganze Jahr über rüpelhaft sind und eine statusbedingte Aggression zeigen: in diesen Fällen wird sich das Aggressionsverhalten in den meisten Fällen noch deutlich verschlimmern, weil nach Wegfall des körpereigenen weiblichen Sexualhormons Östrogen das männliche Sexualhormon Testosteron, das auch bei Hündinnen in der Nebennierenrinde produziert wird, mehr Einfluss nehmen kann. Dies gilt insbesondere für Hündinnen, die mit erhobenem Bein markieren, ganzjährig Probleme mit Rüden haben und einen, auch für ihre Rasse, sehr robusten Knochenbau und eine sehr ausgeprägte Muskulatur besitzen, und außerdem für Hündinnen, die als einziger weiblicher Welpe in einem Wurf voller Rüden zur Welt kamen. In all diesen Fällen liegt ohnehin ein recht hoher Spiegel an Testosteron vor, der im intakten Fall wenigstens einigermaßen durch die weiblichen Östrogene „in Schach gehalten“ werden kann.
    Genau wie beim Rüden auch (siehe WUFF 12/2010) sind die Verhaltensweisen der Jungtierverteidigung, der Partnerschutz- bzw. Eifersuchts­aggression und der Revierverteidigung unabhängig vom Sexualhormonspiegel, sondern sie werden durch andere Hormonsysteme gesteuert.
    Eine durch Angst, Panik oder Unsicherheit verursachte Aggression, sowie andere damit zusammenhängende Verhaltensprobleme, sind auch, genau wie beim Rüden, durch eine Kastration nicht zuverlässig beeinflussbar. Solche Hündinnen können durch Wegnahme der Sexualhormone zeitweise eher noch unsicherer werden (abhängig von ihrer sonstigen Persönlichkeit), da auch die weiblichen Sexualhormone angstlösend wirken und Selbstvertrauen schaffen.
    Jagd- und Beutefangverhalten haben auch bei Hündinnen keine Steuerung durch das Sexualhormonsystem. Im günstigsten Falle ändert sich also daran nichts, es gibt aber auch Fälle, bei denen diese Handlungsbereitschaft nach der Kastration steigt.
    Ebenso ist bei Hündinnen, genau wie beim Rüden, aus verhaltensbiologischer Sicht eine Kastration vor dem Ende der (Verhaltens-!) Pubertät nicht anzuraten. Gerade die Östrogene tragen in der Pubertät wesentlich zum Umbau und der daraus resultierenden Reife von Gehirn und Verhalten, und damit zum Erwachsenwerden, bei.
    Fazit: Kastration der Hündin – ja oder nein?
    Aus verhaltensbiologischer, wie auch aus tierschützerischer Sicht, ist eine vorbeugende ­Kastration auch bei der Hündin nicht ­grund­sätzlich zu ­befürworten. Die ­ge­sund­­heitlichen Probleme, die sich nach der ­Kast­ration einstellen ­(können), wie etwa I­nkontinenz, aber auch ­Störungen des Mineralstoff­wechsels und der ­Skelettbildung bei ­Früh­kastration während des ­Wachstums, dürfen nicht ­unge­nannt bleiben. Und das ­Argument der Stress­re­duktion für die Hunde, die ja doch nicht zum Zuge kommen dürfen, zieht bei ­Caniden auch nicht, da auch in Rudeln von verwilderten Haushunden ­nachgewiesen ­wurde, dass gerade mal 20 – 30 % der Rüden und 30 – 50 % der Hündinnen zur ­Fortpflanzung ­kommen – ohne dass der Rest depressiv wird oder beim Thera­peuten landet …





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