Leinenführigkeit nach 2 Jahren

  • sie zeigt eben, ob da im Grundsatz schon etwas nicht stimmt zwischen Mensch und Hund.

    Achja, sowas ist ja so hilfreich...
    Die Leine an sich stimmt doch schon nicht. Mit der üblichen Erwartung an Leinenführigkeit, mit der Erwartung daran das ein Tier mit so scharfen Sinnen das zum Wachen und Jagen gemacht ist, das so ein Wesen hübsch brav neben uns läuft ohne die Umwelt groß zu beachten.


    Das ist ein dermaßen großer Widerspruch der deutlich zeigt das der Mensch den Hund nur noch als "Mein Tier das nur meinem Willen gehorcht" haben will. Nichts darf der Hund ohne Erlaubnis, außer atmen.


    Hunde laufen, wir gehen. Ihr Tempo passt schon selten zu unserem. Ihr Radius, den wir beschneiden, ihre Sinne die sie nicht benutzen sollen außer es passt uns grade.
    Anstatt in ihrem Tempo und Radius die ihnen wichtigen Dinge erschnuppern zu können sollen sie dicht bei uns schleichen und werden dann mit "Nasenarbeit" ausgelastet...


    Ich weiß warum mein Hund zieht. Er ist ein Whippet, mit Sinnen die soviel schärfer sind als meine. Gezüchtet dazu alles wahrzunehmen, schnell zu reagieren, zu hetzen und zu töten.
    Und diesem so exquisitem, hochentwickeltem Wesen soll ich Scheuklappen auftrainieren, damit er nicht mehr das tut zu was er eigentlich gedacht ist.
    Nein. Dann habe ich lieber bis zu seinem Lebensende das Leinenproblem.


    Denn genau das ist es. Mein Problem. Nicht seines. Er sieht da überhaupt kein Problem drin.

  • Er hat diese Erwartungshaltung nur, wenn die Leine an ihm dran ist.

    Ich gehe mit dem Grossen ja oft an der Schlepp. Wenn ich ihn an nicht so überschaubaren Gebieten laufen lasse, dann mit der Schlepp dran. Nur wenn alles sehr überschaubar ist, leine ich ihn ab. Mit der Führleine habe ich damals bei ihm so gearbeitet, das ich sie auch ab und an hängen liess, das war die Leinenknastzeit :hust:
    Dadurch konnte schon mal keine Erwartungshaltung aufkommen.
    Vielleicht kann euch so ein Schritt etwas weiterhelfen. Du musst halt die alten Muster durchbrechen. Und so lange er in Erwartungshaltung ist, nicht ableinen. Erst als Belohnung bei ruhigen Verhalten.

  • Ich glaube, ich werde auch mal damit anfangen, mich 20x am Tag anzuziehen, ihn anzuleinen, Tür auf, Tür wieder zu, ausziehen etc. pp. :roll: Vielleicht durchbricht das den Teufelskreis auch etwas.


    Das mit der Führleine ist 'ne gute Idee :gut:

  • Das hilft wenn der Hund schon im Haus aufgeregt ist.
    Um die Jahreszeit z.B. hänge ich immer erst meine Hundejacke zum "aufladen" :hust: und auch die Hose über den Stuhl in der Küche. Da die Kleene nicht immer mit darf, hält sie eh den Ball flach ;) der Grosse aber meinte, neues Ritual aha, dann probier ich mal jupidu :lol: Na ja, nun hängt Jacke und Hose halt mal ne Std am Stuhl und kommt wieder weg, oder ich zieh sie mal an, bei Aufregung eh auf ihren Platz. geh kurz raus und fertig.
    Er hats gecheckt und denkt sich seinen Teil :headbash: Wenn wir dann gehen, wird erst mal hingesessen, Leine dran...Tür auf, ein wenig warten dann geht's los.
    Gut der Grosse muss sich auch vor der Türe noch mal hinsetzen, hat aber andere Gründe ;-) Dann gehen wir ruhig mit "bei mir" los. Erst bei Freigabe je nach dem, darf er dann Gas geben :smile:
    Wichtig ist, dabei konsequent zu bleiben,,,die merken sofort wenn du das nicht bist, und tanzen dir dann auf der Nase rum :rollsmile:

  • Wenn trotz intensiven Trainings nach vier Wochen aber immer noch keine deutlichen Erfolge zu verzeichnen sind, ist im Training irgendwo ein Fehler im System. Und dieser Fehler liegt so gut wie nie beim Hund.

    Aha. Nun ist schon nicht mehr nach 4 Wochen "gegessen", sondern es sollten sich merkliche Fortschritte einstellen. Mir ist vor allem dein kategorisches oberstes Zeitlimit für die Erlangung einer alltagstauglichen guten Leinenführigkeit aufgestossen, wenn man bloss wirklich konsequent sei. Fortschritte sind eine andere Grössenordnung, die sollten sich wirklich einstellen in 4 Wochen, sonst passt die Methode nicht für das Gespann, oder sie wird falsch umgesetzt. So habe ich auch nicht auf Anhieb die richtige Methode gefunden, ich habe erst versucht, was bei meiner Hündin gleicher Rasse prima funktioniert hat. Und die eine oder andere unfehlbare Expertenmethode habe ich leider auch probiert. Als ich dann unser "Rezept" gefunden habe, gab es auch Fortschritte in 4 Wochen. Von Leinenführigkeit im Alltag waren wir aber noch meilenweit entfernt.



    Genau das ist ja das Schöne an der Leinenführigkeit: sie zeigt eben, ob da im Grundsatz schon etwas nicht stimmt zwischen Mensch und Hund. Dass jeder Hund mal an der Leine zieht versteht sich ja selbst - wenn das aber der Dauerzustand ist, liegt etwas im Argen.

    Dem kann ich hingegen gar nicht zustimmen. Oder wir haben andere Vorstellungen von Stimmigkeit zwischen Hund und Mensch. Oder andere Definitionen von "mal ziehen" und "dauernd ziehen".


    Ich mache die Stimmigkeit eines Teams nicht am ständigen Fokus des Hundes auf den HF fest. Das geht mir zu sehr in dieselbe Richtung wie die, wenn von schlechter Bindung gesprochen wird, wenn der Hund 4 Stunden jagen geht, egal ob Mops, Border Collie oder Beagle. Nur weil ein Hund eine niedrige Reizschwelle hat und leicht auslöst (in dem Fall ins Ziehen), heisst das noch lange nicht, dass da was im Team nicht stimmt.



    Ich denke, auch das ist ein häufiges Problem: die Leute merken gar nicht, in welchem Stresszustand sich ihre Hunde auf dem (für den Menschen) ganz normalen Hundespaziergang befinden. Das überhaupt als Quelle allen Übels, nämlich weshalb der Hund nichts lernt - nichts lernen kann -, zu enttarnen, wäre schon einmal der erste, grosse Schritt. Die Lernumgebung ist für den Lernerfolg so furchtbar wichtig und doch ignorieren wir das bei unseren Hunden viel zu häufig.

    Da bin ich wieder ganz bei dir. Allerdings denke ich, dass es bei vielen bei einem späteren Schritt scheitert: dem Übergang von dem künstlich reizarmen Lernort zu einer mässig reizvollen, aber doch alltäglichen Umgebung, und noch vielmehr am Übergang zu Alltagssituationen. In einer leeren Fabrikhalle oder auf einem Supermarktparkplatz am Sonntagmorgen um 5 Uhr, oder dem Hundeplatz macht man schnell schöne Fortschritte. Aber direkt vor der Haustür kann das schon ganz anders aussehen. Und selbst wenn man einen geeigneten weiteren Übungsort findet: der vife und aufmerksame Hund wird sehr schnell die Übungssequenzen identifizieren, mit der Zeit sogar ortsunabhängig. Das macht ihn aber noch lange nicht leinenführig im Alltag. Das eine mit dem andern zu verbinden, kann in Einzelfällen ein Projekt nicht von 4 Wochen, sondern von 4 Jahren sein....


    Mein Rüde ist ganz klar stressanfällig, und das war und ist für einige unserer Probleme verantwortlich. Aber es ist nicht immer Stress und Überforderung, wenn er mal wieder in die Leine geht. Der anlagebedingte unbändige Erkundungsdrang lässt ihn immer wieder die Spielregeln vergessen, oder mindestens täglich mehrfach abfragen, ob sie aktuell auch gültig sind. Es ist eine zwar nicht erwünschte, aber nicht sehr seltene "Nebenwirkung" einer züchterisch geförderten ausgeprägten Veranlagung. Otto Normal findet das doof, und möchte die Veranlagung weghaben, oder zumindest die Symptome wegerziehen - ich finde es faszinierend, und möchte es nicht wegradieren, sondern eher damit und nicht dagegen arbeiten.


    Um auf ein Beispiel zurückzukommen: ein Hund kann im Haus tiefenentspannt sein, egal welche Vorbereitungsspielchen ich da veranstalte. Ennet der Haustürschwelle ist er hellwach und im Arbeitsmodus - auch wenn zigmal nix passiert und man wieder reingeht. Er wird nicht einfach abschalten, das für ihn sinnfreie Hin- und Her wird ihn vielmehr zusätzlich stressen - er wird seinen Halter für ziemlich planlos und bedeppert halten. Kann man anstreben, muss man aber nicht.

  • Vor allem ist Streß an sich ja nix was den Hund umbringt.
    Gibt ja auch positiven Streß. Es ist einfach unmöglich den Hund stressfrei zu halten.


    Der Whippet reagiert übrigens nicht auf Leine nehmen oder sonstwas. Beim aktuellen Wetter muss ich den vom Sofa schieben und buchstäblich aus der Haustür schubsen.
    Und dann will er halt schnell über die Straße, weils dort toll riecht. Hierhin, dahin, Markierungen setzen, schnuppern wo die Katz lang ist und welche Hunde heute schon hier vorbeikamen.
    Negativ ist das alles nicht.
    Blöd nur weil an der anderen Leine ein kleiner Bulli steht. Wie ein Fels. Weil es nass und kalt ist (oder zu warm, zu sonnig, zu früh am Tage, etc) und er überhaupt keine Lust hat weiter als 15 Meter zu gehen.
    Also bremse ich den Whippet aus und fordere den Mini auf, ist vermutlich ein Bild für die Götter. Der elegante Whippet der vorne an gespannter Leine tänzelt, die kleine dicke Frau in der Mitte, die dem Felsbrocken am Ende der straff gespannten anderen Leine mehr oder weniger geduldig ein "Weiter, Baby. Komm schon..." zuflötet.


    Wenns nach den Hunden ginge würden sie zum Feld kutschiert, müssten da nur aussteigen, wir laufen ein wenig und dann per Auto auch wieder zurück.
    Da ich keinen Führerschein habe und überdies der Meinung bin das die 15 Minuten Fußweg durchaus machbar sind müssen wir eben da durch.
    Eigentlich sinds nur 10 Minuten. Aber je nach Arrens Laune brauchen wir auch so manches Mal 20 Minuten... Und oft genug überlege ich ob ich den Hunden nicht irgendwann doch ihren Willen lasse und einen Bollerwagen für sie kaufe.

  • Wäre denn der Ansatz für die Leinenführigkeit nicht dahin gehend, dass die Leine für den Hund zum Ruhesignal wird? Doch wie übe ich das?


    Ich bin im Moment gerade recht gefrustet. Zwar kann mein Bub auch mal anständig an der Leine gehen, doch wenn er loslegt, zerrt das nicht nur an meinem Arm, sondern vor allem an meinen Nerven. 20kg mit Anlauf und einem völlig aufgeregtem Hund, weil er gerade eine Katze gesehen hat, oder zu einem anderen Hund hin möchte,... nicht mal die Leberwursttube kann ihn ablenken. Das bedeutet Frust für beide Enden der Leine.

  • @Anne2016


    In solchen Situationen kann ein Abbruchkommando weiter helfen. Hund sieht Katze, Ohren gehen hoch Startposition wird eingenommen :pfeif: und in genau einen kleinen Moment vorher ein klares Nein, bleib da, stopp etc. Oder du baust ein Alternativverhalten auf etc
    Das ist eigentlich reine Erziehungssache wenn dein Hund so aufgeregt wo hin will und dich mitreissen will. Wenn du nicht möchtest das er das macht, musst du was dafür tun das er es nicht mehr macht.

  • Vor allem ist Streß an sich ja nix was den Hund umbringt.

    Na ja, das Stress krank machen kann ist ja bekannt. Duke reagiert auf hohen Stress z.B. mit Durchfall und Schuppen, gerade sensible Hunde reagieren logischer Weise schneller und heftiger auf Stress.

    Beim aktuellen Wetter muss ich den vom Sofa schieben und buchstäblich aus der Haustür schubsen

    Blöd nur weil an der anderen Leine ein kleiner Bulli steht. Wie ein Fels. Weil es nass und kalt ist

    . Und oft genug überlege ich ob ich den Hunden nicht irgendwann doch ihren Willen lasse und einen Bollerwagen für sie kaufe.

    Ich stell mir das gerade bildlich vor ..herrlich :lachtot:

  • Na ja, das Stress krank machen kann ist ja bekannt. Duke reagiert auf hohen Stress z.B. mit Durchfall und Schuppen, gerade sensible Hunde reagieren logischer Weise schneller und heftiger auf Stress.

    Klar kann, bzw macht zuviel Stress krank.
    Aber man kann ihn nicht völlig ausschalten und positiver Streß ist eben auch genau das: Positiv. Ich mein, wir verbieten den Kindern doch auch nicht sich auf Weihnachten zu freuen, nur weil sie die Tage vorher nervige kleine hyperaufgeregte Wesen sind?


    Ich sollte mal jemanden mitnehmen der das photographiert. Oder filmt...
    Wobei, ich hab da ein altes Foto von Arren als kleiner, pinker schmollender Fels:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!