Ich war bei insgesamt drei Produktionen dabei. Zweimal Vox (Hundkatzemaus und Wildes Kinderzimmer) und einmal Bayern 3.
Bei den Vox Beiträgen ging es beide Male um die Waisenfohlenaufzucht. Man vereinbarte einen Drehtermin und es gab vorab eine Dispo, also eine Art Stundenplan, was sie filmen möchten, dazu konnte man vorab Stellung beziehen und angeben, was man möchte und was man ablehnt. Wobei der absolut harmlos war, da standen so Dinge wie "Gespräch auf der Weide mit Fohlen, Fohlen im freien Spiel, Fütterung, Spaziergang).
"Künstlerische Freiheiten" nahm sich HKM nur bei den beteiligten Personen, so wurden alle Helfer aus dem Beitrag gestrichen, damit die Masse der Leute nicht zu verwirrend auf den Zuschauer wirkt und so war nur die Eigentümerin der Ammenstute im Beitrag zu sehen.
Gleiches galt für Abläufe. Wir hätten die Fohlen zB nie freistehend im Hof gefüttert, ist einfach logistischer Schwachsinn, sah aber hübscher aus, als in der Box und für gewöhnlich saufen die auch nicht freistehend, damit auch ja die Hälfte der Milch verschüttet wird, sondern mit einem Helfer, der aufpasst, dass die Milch im Fohlen landet und nicht überall drum rum.
Es gab aber auch keinen Widerspruch, wenn wir Dinge ablehnten. so wurde zB das große Spielen und Rennen gestrichen und der Spaziergang gekürzt, weil das Wetter an dem Tag zuviel für den Kreislauf der Kleinsten war.
Mehr Spielszenen gab es beim Wilden Kinderzimmer, aber auch das war mehr ein nachspielen der Realität. Natürlich ist nicht zufällig ein Kamerateam am Stall, wenn wir den Anruf bekommen, dass ein Fohlen kommt, das wussten wir schon einen Tag vorher. Also wurden der "Oh mein Gott wir brauchen eine Amme" Anruf und die Vorbereitungen für die Ankunft gefaked. Aber das war es auch schon.
Schlimmer fand ich die Reportage für den BR interessanterweise. Da ging es um eine Bekannte von mir, die erblindet war und wie sie ihr Leben meistert. Sie hat ihren Doktor gemacht, betreibt aktiv Reitsport (wollte damals auch zu Turnieren) und hat zum Drehzeitpunkt gerade ihren eigenen Blindenhundnachfolger ausgebildet.
Da hatte man ständig den Eindruck, dass das Filmteam mit wirklich suggestiven Fragen immer wieder versuchte sie in die Opferrolle zu drängen und krampfhaft nach Diskriminierungspunkten gesucht hat. Die Reportage wurde auch nie fertig gestellt, weil sie sich irgendwann komplett falsch dargestellt empfand (wir auch) und die Rechte zum Weiterfilem und zur Ausstrahlung zurück zog.
Aber warum macht man das dann mit
Unser Hauptanliegen war wirklich die Aufklärung zum Thema Waisenfohlen.
Es war zu der Zeit leider plötzlich modern, dass jede Birkenstockwendy mit einer Stute, der etwas aus dem Euter tropfte, meinte, sie könne ihrer Stute einfach ein Waisenfohlen bei Fuß stellen und damit sei die Arbeit getan. Gab zu der Zeit mehere Fohlen, die bei solchen Aktionen verletzt wurden oder den Unsinn gar mit dem Leben bezahlten und dagegen wollten wir vorgehen.
Und außerdem (ja, böse) hatten wir gehofft, die ein oder andere Sachspende durch das öffentliche Interesse abgreifen zu können. Waisenfohlenaufzucht ist teuer und trotz Vertrag ist es uns mehr als einmal passiert, dass wir um einen Teil oder auch das komplette Geld geprellt wurden. War direkt im Vorfeld der Dreharbeiten bei zwei Fohlen passiert und da ist es einfach eine große Hilfe, wenn einem dann eine namhafte Firma vier Sack Aufbaufutter oder Fohlenmilch schicken - wurde auch fleißig gemacht - um auf ihrem FB Profil damit werben zu können die berühmte Ammenstute von Vox unterstützt zu haben.
Wenn man auf diese Weise zumindest ahnen kann, dass die eigene Person später im TV völlig verzerrt dargestellt werden wird, warum bricht man das Ganze nicht ab oder zeigt zumindest klar die eigenen Grenzen auf?
War in der Vorbereitung von beiden Sendungen nicht absehbar und ist auch nicht passiert.
Daher bin ich bei Vox immer skeptisch, wenn dem Sender unterstellt wird, es sei alles nur geskripted und sie würden die Leute nur vorführen.
Bei BR sah das anders aus... da ist man aber auch seltsamerweise mit deutlich mehr Vertrauen in die journalistischen Fähigkeiten rangegangen, während wir bei Vox da sehr bedacht drauf waren, was gedreht und gesagt wurde.