Qualzuchten

  • Als ich die Nackthunde kennen gelernt habe, hatte ich alle Vorurteile, die man haben kann. Ich habe mich erst dann mit dem Nackthund beschäftigt. Und nach und nach festgestellt, dass meine Vorurteile zum aller größten Teil haltlos sind.


    Es wird mehr als genug über die Kritik nachgedacht in Nacki-Kreisen. Dummerweise gibt es nämlich das Qualzuchtgutachten und dummerweise handelt so mancher Arzt, Amts-Vet, nach diesem. Das Problem ist nämlich auch, dass es keine wissenschaftliche Studien gibt, welche die Behauptungen entkräften. Es gibt zwar auch keine welche diese belegen, aber in diesem Fall heißt es leider nicht "im Zweifel für den Angeklagten". Nein, jeder Zweifel wird negativ für die Rassen ausgelegt...


    LG Anna

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    Hi


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    • Welche Vorurteile sind das? Dass der Hund unter dem fehlenden Fell leidet, weil er friert oder Sonnenbrand bekommt?
      Das kann ich nun auch nicht so ganz nachvollziehen, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Nackhund mehr unter Kälte leidet als beispielweise meine extrem kurzhaarigen Windhunde - und die kriegen wenn es wirklich Not tut einfach einen Pullover angezogen. Dafür genießen sie momentan die Temperaturen über 30 Grad und legen sich wann immer möglich in die pralle Sonne. Der Chowchow die Straße runter fühlt sich dafür bei kälteren Temperaturen deutlich wohler als meine beiden. Felltechnisch hat halt fast jede Rasse ihr Päckchen zu tragen.


      Was ich durchaus nachvollziehen kann, ist wenn man einen Nackhund wegen seiner Zähne, oder dem fehlen derer, als Qualzucht bezeichnet (wobei ich an dieser Stelle sagen muss, dass für mich Qualzucht nicht gleich Qualzucht ist und es definitv Dinge gibt die ich deutlich schlimmer finde). Wurde hier ja schon oft genug geschrieben, dass Haarlosigkeit und Zahnstatus genetisch fest aneinandergekoppelt sind, das ganze fällt also nicht unter Vorurteil. Zwar hat Marula bereits geschrieben, dass ein Hund mit fehlenden Zähnen oder ohne Zähne verhältnismäßig wenige Probleme hat und das glaube ich soweit auch, es ist aber trotzdem nichts, was ich mir grundsätzlich für meine Hunde wünschen würde.


      Letztlich nimmt man dadurch, dass die Rasse auf haarlosigkeit gezüchtet wird aus rein optischen Gründen in Kauf, dass dem Hund Zähne fehlen. Soweit ich weiß könnte dieses Problem einfach umgangen werden indem man die haarige Variante des Chinesen züchtet bzw. kauft, rasieren muss man die meisten ja eh damit sie wirklich nackt sind und charakterlich sollte der Unterschied ja auch nicht massiv sein, da beide Varianten in einem Wurf fallen können und es sich nicht um getrennte Zuchten handelt.


      Das Argument mit der natürlichen Selektion bei Straßenhunden finde ich schwierig, denn woher weiß man, ob die behaarte Variante z.B. nicht vielleicht einfach eher „weggemacht“ wird und somit keine Möglichkeit hat sich fortzupflanzen während die nackte Variante als Kulturgut gilt, in Ruhe gelassen wird und sich munter vermehren kann? Hätten fehlenden Zähne und Haarlosigkeit für Hunde irgendwelche Vorteile, würde man sie sicherlich auch bei anderen wild- oder halbwildlebenden Hunden vorfinden.


      Oder geht es um die Resorption von Föten im Mutterleid? Finde ich auch erstmal nicht unglaublich tragisch, würden solche Hunde missgebildet auf die Welt kommen, wie es bei Bobtail x Bobtail oder Merle x Merle Verpaarungen der Fall ist, wäre es deutlich schlimmer. Aber selbst dem wäre ja entgegenzuwirken indem man nackt x nackt Verpaarungen einfach nicht erlaubt. Auch hier sind es optische Vorlieben des Menschen die zu Lasten der (ungeboren) Hund gehen.


      Wenn ich eine Qualzuchtskala hätte, stünden beide Punkte für mich weit, weit unter Problemen wie ständiger Atemnot oder anhaltenden Schmerzen. Persönlich wünschens- und unterstützenswert finde ich es trotzdem nicht, einfach weil menschliche Eitelkeit über das Wohl des Hundes gestellt wird.

    • Ein Aspekt, der hier ziemlich außer acht gelassen wird, ist die Vermehrung der Hunde an sich.
      Wenn eine Hunderasse - ohne menschliche Hilfe (Kaiserschnitt) - nicht mehr in der Lage ist, die Welpen zur Welt zu bringen, läuft in meinen Augen ganz fürchterlich was schief.


      Und das ist bei zu kleinen Hunden gegeben, sowie bei den Bullys.

    • Ich habe vorhin was über Zucht mit dem Merle-Gen gelesen. Wie seht ihr das? Ist auch eine überlegte Zucht von heterozygot-Merle (Mm) mit Merle-freiem Tier Qualzucht, da auch bei den dabei entstehenden heterozygoten Merle-Tieren schon (jedenfalls laut Wikipedia) zu 2,7% Taubheit auf einem Ohr auftritt? ("Von den mischerbigen Tieren sind 2,7 % einseitig, 0,9 % vollständig taub.")
      Die Züchterin, von der ich gern nächsten Sommer einen Welpen hätte, züchtet mit Merle-Trägern. Alle getestet. Auch auf andere potentielle Erbkrankheiten testet sie ihre Zuchttiere, und macht eigentlich einen vernünftigen Eindruck; sie selbst gibt sich das Image einer Tierschützerin. Aber das gibt mir nun doch zu denken.
      Ich selbst möchte übrigens ohnehin kein Merle-farbenes Tier, auch unabhängig davon, ob es nun selbst bei Mischerbigkeit schon unter Qualzucht fallen würde, oder noch nicht.

    • @Katrina
      Hast eigentlich alle Merkmale gut aufgezählt. Ja, um diese Vorurteile geht es.


      Die Sonnenbrandgefahr ist allerdings nur bei umpigmentierten Hautstellen gegeben und selbst da nicht zwangsläufig. Mancher Nackthund mit unpigmentieren Hautstellen bekommt Sonnenbrand, manch einer nicht. Im ersteren Fall hat der Mensch für einen entsprechenden Schutz zu sorgen (ebenso, wie der Mensch bei anderen Hunden gegen Filz vorgehen muss (ich mag diese Art der Argumentation eigentlich nicht, aber vor ein paar Beiträgen wurde erst geschrieben, dass Fell, welches Pflege benötigt, kein Qualzuchtmerkmal ist, da der Hund in menschlicher Obhut lebt und dieser sich drum kümmern muss)).


      Ein Hund hat durch fehlende Zähne keine Schmerzen. Er ist in der Nahrungsaufnahme nicht eingeschränkt (ich kenne einige Nackthunde, die Mäuse, Ratten (und in einem Fall Nachbars Hühner) erlegen und fressen). Das fehlende Zähne das Fressen von Großtieren/Großtierknochen erschweren kann (da gibt es unterschiedliche Erfahrungen), kann durchaus sein, aber man muss auch sagen, dass Großtiere nicht in das natürliche Beutespektrum fallen. Außer bei den großen Varietäten von Mexikaner und Peruaner. Diese haben aber auch generell, durch den größeren Kopf und Kiefer eine höhere Beißkraft und haben auch mit größeren Knochen weniger Probleme.
      Es stimmt schon, dass das Nacktgen mit dem Zahnstatus gekoppelt ist, aber nicht so fest, wie mancher annimmt. Ebenso, wie ein genetisch nackter Chinese sehr haarig sein kann, ebenso kann ein genetisch nackter Hund einen guten Zahnstatus bekommen - es spielen hierbei wahrscheinlich mehrere Gene eine Rolle.
      Züchterisch wird immer mehr Wert auf gut Zähne gelegt, so dass sich der Zahnstatus nach und nach verbessert. Ob die Vollzahnigkeit erreicht werden kann ist fraglich. Ich persönlich kenne keinen vollzahnigen Nackthund, es gibt aber Halter, die dieses behaupten.


      "Rasieren/Scheren muss man ja eh" - müssen muss man gar nichts. Wobei es beim Chinesen schon zutrifft, dass er häufig eine mehr oder minder starke Behaarung auch am Körper hat und diese abgeschoren oder abrasiert wird. Gibt aber auch Halter, die die Haare wuchern lassen. Mexikanischer und Peruanischer Nackthund sind in der Regel wirklich nackt und haben nur selten an "ungewünschten Stellen" Haare.
      Natürlich könnte man auch einfach nur die fellige Varietät züchten. Allerdings ist gerade beim Chinesen die fellige Variante weniger wärme/hitzeliebend, durch das lange Fell. Und natürlich spielt auch eine optische Komponente mit rein.


      Fehlendes Fell hat durchaus auch Vorteile. So kann sich zB Ungeziefer weniger gut festhalten. Ebenso ist große Hitze ein geringeres Problem. Die Haut ist häufig fester, was das Verletzungsrisiko (gegenüber eines Hundes mit kurzem, dünnen Fell) senkt.
      Schaut man auch mal über den Tellerrand der einzelnen Spezies hinaus, fallen einem schon noch einige Tiere ein, bei denen sich die Haarlosigkeit als Vorteil (oder zumindest nicht als Nachteil) darstellt (Elefant, Nashorn, Nacktmull,...).


      In wie fern in den Ursprungsländern die felligen Straßenhunde/ verwilderten Hunde es durch den Menschen schwerer haben entzieht sich meiner Kenntnis. Ändert aber nichts daran, dass der Nackthund dort auch ohne den Menschen sehr gut zurecht kommt und überlebt. Das es bei anderen Wildhunde keine nackte Variante gibt liegt eher daran, dass es dort keine Mutation gab, welche die Nacktheit in die Population gebracht hat.


      Die Resorption von Föten ist auch ein Grund, da im Qualzuchtgutachten, fälschlicherweise von vermehrten Totgeburten gesprochen wird, was definitiv nicht der Fall ist. Die Zahl der Welpen wird nicht nur durch den Letalfaktor das FOXI3-Gens bestimmt. Die Wurfgrößen passen jedenfalls zur Größe der Rassen (beim Chinesen hab ich das mal von einem Jahr ausgerechnet, da waren es etwa durchschnittlich 4 Welpen pro Wurf). Die Föten werden im ersten Drittel der Trächtigkeit resorbiert, er ist also zum Zeitpunkt der Resorption ein Zellhaufen.
      Der Unterschied beim Nackthund zu vielen anderen Rassen und Lebewesen ist, dass eine genetische Variante bekannt ist, aufgrund derer es zur Resorption kommt.
      Ob man die Resorption vermeiden will oder nicht, ist (meiner Meinung nach) eine ethische Fragestellung und keine die mit dem Thema "Qualzucht" zu tun hat. Aus ethischen Gründen würde ich eine Einschränkung (Verpaarung von Nackt x Nackt verbieten) verstehen. Aus wissenschaftlicher Sicht nicht.



      Ganz schön lang geworden der Text. Dafür, dass ich eigentlich nicht wieder den Nackthund in die Diskussion bringen wollte und es mir eigentlich darum ging, dass der Chihuahua (und andere Kleinhunde) keine Qualzucht sind, nur weil sie weniger als 5kg wiegen...


      LG Anna

    • Ich habe vorhin was über Zucht mit dem Merle-Gen gelesen. Wie seht ihr das? Ist auch eine überlegte Zucht von heterozygot-Merle (Mm) mit Merle-freiem Tier Qualzucht, da auch bei den dabei entstehenden heterozygoten Merle-Tieren schon (jedenfalls laut Wikipedia) zu 2,7% Taubheit auf einem Ohr auftritt? ("Von den mischerbigen Tieren sind 2,7 % einseitig, 0,9 % vollständig taub.")
      Die Züchterin, von der ich gern nächsten Sommer einen Welpen hätte, züchtet mit Merle-Trägern. Alle getestet. Auch auf andere potentielle Erbkrankheiten testet sie ihre Zuchttiere, und macht eigentlich einen vernünftigen Eindruck; sie selbst gibt sich das Image einer Tierschützerin. Aber das gibt mir nun doch zu denken.
      Ich selbst möchte übrigens ohnehin kein Merle-farbenes Tier, auch unabhängig davon, ob es nun selbst bei Mischerbigkeit schon unter Qualzucht fallen würde, oder noch nicht


      Zitat

      Die landläufige Meinung ist, dass heterozygote Merles (Mm) ganz normal sind.
      Doch vor 30 Jahren zeigten Untersuchungen, dass auch Merle-Hunde geschädigt sind:

      • Augenprobleme bei Merle-Dackel ( Wegner und Reetz, 1975 Dausch et al , 1977)
      • geschädigte Spermien ( Treu et al , 1976)
      • Beeinträchtigungen des Gehörs ( Reetz et al , 1977)

      Diese Probleme wurden bei homozygoten Merles (MM) aber auch bei heterozygoten Merles (Mn) festgestellt. Die Schäden am Gehör zeigten sich von leichter Schwerhörigkeit bis zur kompletten Taubheit und traten bei 54,6% der homozygoten Merles und 36,8% der heterozygoten Merles auf.Basierend auf diesen Untersuchungen und ihre eigenen Untersuchungen auf Schädigungen der Augen, schlugen die Wissenschaftler vor (Klinckmann et al (1986)), die Zucht von Merles einzuschränken.“ (Zitat-Ende)

      Blue-Merle-Zucht beim Beauceron


      Ganz ehrlich, ich finde so viele verschiedene Aussagen, ich kann nicht abschätzen, wie belastbar die einzelnen Quellen sind.

    • Ich muss mal nachfragen, ich kenne nämlich nur einen Nackthund persönlich: ist bzw kann es für den Hund hier in mittelauropäischen Breitengraden tatsächlich von Vorteil sein, kein Fell zu haben?
      Kann man Haarlosigkeit als Zuchtziel tatsächlich mit anderen züchterischen Ambitionen wie z.B. kürzeren Ohren, Stummelruten etc vergleichen?


      Gerade der angegebene Vergleich mit Elefant, Nashorn, Nacktmull hinkt doch irgendwie angesichts der jeweiligen Lebensweise. Der Nacktmull bewegt sich meines Wissens bei Licht kaum oberhalb der Erde, Elefant und Nashorn genießen und brauchen ausgiebige Schlamm- und Staubbäder, um ihre Haut zu schützen. Zudem gibt es die symbiotisch existierenden Vogelarten, die Parasiten aus den Hautfalten picken.
      Wo ist dies alles beim Haushund gegeben?

    • Zwischen Vorteil haben und Qualzucht ist ein weites Feld.

      Das ist wahr, selbstverständlich. Ich bin wohl vom Thema abgewichen.
      Meine Frage ging tatsächlich eher in die Richtung, ob es sinnvoll ist, in Klimazonen, die einen Winter und einen Sommer im Kontrast kennen, haarlose Hunde zu züchten. Nicht, ob es Qual bedeutet, dies zu tun.

    • Also ich kenne 2 Nackthunde, deren Haut sehr genau gepflegt werden muss, weil sich leicht Pickel bilden.
      So ganz unproblematisch ist die Pflege dieser Hunde denn doch nicht und ehrlich denke ich: Wenn man die Hunde fragen könnte, hätten sie lieber ein richtiges Fell.

      • Neu

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