Ich möchte gerne einen allgemeinen Diskussionsthread starten zu diesem Thema, statt dass nur der "Angsthund extrem"-Thread dafür genutzt wird.
Deprivationsschäden, siehe Knowledgebase -> https://www.dogforum.de/post10…onssch%C3%A4den#p10934967
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Unter Deprivationsschäden versteht man Entwicklungsschäden im Gehirn, die durch den Entzug von Erfahrungen in den ersten Lebenswochen (die erste Schwelle ist ca. die 8. Woche, die zweite ist die ca. 14. Woche) des Hundes entstehen. Diese Schäden zeigen sich später durch Verhaltensstörungen. Es kann bis zu 50% weniger Verknüpfungen im Gehirn kommen.
Diese Schäden können sich durch Ängste und Phobien, gestörte Erregungskontrolle, eine hohe Neigung zu stereotypen Verhaltensweisen, "Hyperaktivität", "sich verfolgt fühlen", einer erhöhten Neigung zu aggressivem Verhalten und "Hypersexualität" zeigen.
Besonders hervorzuheben ist die gestörte Lernleistung dieser Hunde. Sie können bei Angstproblemen z.B. nicht durch Gewöhnung und das stetig wiederholte erleben einer eigentlich ungefährlichen Situation verknüpfen, dass diese "ungefährlich" ist.
Sie können ihn entspannten Situationen durchaus lernen wie andere Hunde auch. Allerdings führt jede Störung dazu, dass das Verhalten nicht mehr abrufbar ist. Jede andere Situation wirft den Hund wieder auf Null zurück.
Die Entwicklungsstörung wird in der frühen Welpenzeit angelegt, zeigt sich aber durch die Neuorganisation des Gehirns oft erst in der Pubertät.
Ich hatte ein kleines Aha-Erlebnis als ich diesen Begriff und seine Bedeutung hörte, da ich viele Verhaltensweisen doch an meiner Hündin wiedererkenne. Im Gegensatz zu dem aktuellen Angsthunde-Thread ist sie jedoch kein Angsthund, aber ebenso "lerngestört" sowie und einer Verhaltenskette gefangen, die nicht üblich ist.
Unfallwurf in Dachgeschosswohnung, Mutter und überwiegender Teil der Welpen während der Säugezeit verhungert, stark unterentwickelt und unterernährt mit 7 Wochen gerettet.
Vorrangig auffällig ist einer immer noch sehr übertriebenes Junghunde-Verhalten, trotz der mittlerweile fast 4 Jahre. Verhaltensweisen sind sehr naiv und kindlich. Teilweise hochsensibel. Lernfähigkeit unter Druck oder nur leichtem Erregungszustand ist fast unmöglich. Maximal akute Verhaltenseinwirkung möglich, aber schwerlich dauerhafte Lernumsetzung. Gelerntes ist nur nach Schema F abrufbar.
Umweltunsicherheiten konnte ich dank früherer Sozialisierung gut entgegenwirken, aber dennoch sehr merklich sind Aklimatisierungsprobleme bei neuen Situationen, insbesondere bei Hundebegegnungen. Hier fällt sie aber jedoch wirklich nur durch extremes Welpen-Beschwichtigungsverhalten auf, in keinster Weise durch Aggressionen. Forsches und distanzloses Angehen von Begegnungen. Insgesamt aber sehr sozial und freundlich.Trotzdem fällt auf, dass andere Hunde keinen Bezug zu ihr finden. Niemand spielt aktiv mit ihr oder sucht ihre Aufmerksamkeit. Bei Einzelbegegnungen sind andere Hunde eher genervt und gehen ihr aus dem Weg, bei Gruppenbegegnungen wird sie ignoriert, eher sogar gemieden und sie läuft nur so planlos mit in der Hoffnung dass jemand mit ihr spielt.
Insgesamt kann man sagen dass sie geistig überwiegend auf dem Stand eines 6 Monate alten Junghunds stehen geblieben ist.
Vielleicht können wir hier weitere Fälle und Fallbeispiele sammeln?