Deprivationsschäden

  • Ich war vor einiger Zeit auf einem Seminar über Angstverhalten. Da wurde gesagt das Deprivation inzwischen ein echtes Modewort geworden ist und es eigentlich sehr selten ist, meistens trifft es auch nicht zu. Selbst meine Schissbuxe, der nach all den Jahren oft noch panisch ist und natürlich ein Angsthund ist, aber als Deprivationshund würde ich ihn nicht einordnen, aber Nahe Deprivation. Klar gibt es einige Dinge die er nie lernen wird und vor denen er immer Angst haben wird. Aber da spielen viele Dinge zusammen, nicht nur sein reizarmes Aufwachsen.
    Aber im Grunde ist es auch egal, welchen Namen das Kind hat. Am Anfang haben uns sogar Hundeschulen abgelehnt, weil Deprivation nie aufzuholen ist und er nicht lernfähig ist. Das wollte ich nicht glauben und es hat wirklich Jahre gedauert bis er wirkliche Lernfreude gezeigt hat. Aber er hat gelernt zu lernen und Spaß am Leben zu haben. In seinem normalen Umfeld wirkt er völlig normal. Gerät er unter Stress wird er unberechenbar, das kann eine Panikattacke, mit schreien und aus sämtlichen Körperöffnungen entleeren oder auch schnappen sein. Das geht in Sekunden, wie ein Schalter der umgelegt wird. Zum Glück legt er fast immer den Rückwärtsgang ein , aber ich bin auch extrem vorsichtig. Verrückt ist er wirklich, aber ein großartiger Hund :D

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    • Aber im Grunde ist es auch egal, welchen Namen das Kind hat.


      Wenn das immer abgetan wird mit "ist doch egal, warum der Hund nun so ist wie er ist" dann wird es halt auch nie ein breiteres Bewusstsein dafür geben, was in der Prägephase wichtig ist.

    • Wir waren vorher lange Spazieren, vorher gabs noch eine Schlepp für meinen Knallkopf. Danach ging ich mit beiden noch kurz in den Garten, drehte mich kurz um, um die Kacke einzusammeln, und plötzlich lag Duke hinter mir, ultralangsame Kopfbewegung nach unten, leises winseln, zittrig, war aber ansprechbar. :shocked: Ich wollte ihn am Kopf streicheln, da drehte er den Kopf weg, kippte zur Seite (ich dachte Scheisse jetzt geht's los) , atmetet plötzlich total langsam, machte die Augen zu. :hilfe: :shocked: Ich sprach ihn wieder an, dann stand er laaaaaaaaaaangsam winselig auf , und legte sich gleich wieder laaaangsam ab. Irgendwie wie benebelt, als täte ihm was weh. Bine wollte hin zu ihm, sie merkte wohl das was nicht stimmte, aber ich sah sofort das ihm das nicht recht war, und habe sie sofort von ihm weg beordert :verzweifelt: Habe ihn wieder angesprochen und sagte ihm das wir rein gehen, nahm ihn am Halsband und führte ihn langsam rein. Er soff dann Wasser und legte sich in sein Bett, und alles wieder normal :ka: Was könnte das jetzt gewesen sein ???? :ka: :???:
      Ich bin wirklich am verzweifeln, weil es immer neue Verhalten gibt, fast täglich. Gestern war ein guter Tag, aber da hatten wir auch nichts gemacht und waren nur im Garten gewesen. :ka:

    • Wenn das immer abgetan wird mit "ist doch egal, warum der Hund nun so ist wie er ist" dann wird es halt auch nie ein breiteres Bewusstsein dafür geben, was in der Prägephase wichtig ist.

      Das sehe ich nicht so bzw. Du hast mich falsch verstanden. Es ist das wichtigste den Hund so zu nehmen wie er ist. Wenn du immer nur sagst, er hatte eine schlechte Kindheit und kann nichts lernen, dann nimmst Du dem Hund jede Chance. Du musst an ihn glauben und da ist die Vergangenheit egal. Du musst aber auch Dinge akzeptieren und nicht ständig mit dir und dem Hund hadern. Er ist toll, wie er ist und das ist es egal woher er kommt, was vorher war. Wir leben jetzt und schaffen so vieles, auch wenn es aussichtslos ist, wir arbeiten dran. Einfach zu sagen, der Hund ist ängstlich und da kann man nichts ändern, ist nicht fair. Echte Deprivation ist eine schwere Erkrankung und zum Glück sehr selten.


      Und heutzutage ist es modern einen ängstlichen Hund zu haben. Wobei die meisten einfache Unsicherheit als Angst bezeichnen. Da ist der Hund etwas vorsichtiger und schon ruft alle Welt Deprivation. Viele meiner Interessenten finden ängstliche Hunde faszinierend und sind empört wenn sie den Hund nicht bekommen. Andere bekommen ein schüchternes Bübschen, der nach einigen Woche alle Menschen abknutscht, aber noch Jahre erzählt man das er ein heftiger Angsthund ist. Warum man das tut, will mir nicht in den Kopf. Es wirft aber ein falsches Bild auf Angsthunde.


      @Michi69 das hört sich schlimm an, das tut mir so leid. Ich drücke die Daumen das eine harmlose Ursache gefunden wird.

    • Vielen lieben herzlichen Dank @Ninma , habe auch sofort die Ärztin kontaktiert gehabt.



      Wenn das immer abgetan wird mit "ist doch egal, warum der Hund nun so ist wie er ist" dann wird es halt auch nie ein breiteres Bewusstsein dafür geben, was in der Prägephase wichtig ist.


      Ich glaube ihr zwei habt euch da irgendwie missverstanden gehabt. Ich verstehe was Ninma meint, es ist egal ob es nun eine Deprivationsschaden ist oder eben andere Gründe Namen hat, man sollte dran bleiben, und nicht sagen, der Hund hatte einfach ne schlechte Kindheit, und deshalb ist er so wie er ist. Sondern eben nicht aufgeben, und dran bleiben. Das ist das was ich rausgelesen habe.


      Und auch anfängerinAlina hat Recht, wenn manche sagen, egal warum der Hund nun so ist, ist eben so. Da sollte man wenn möglich, dem Grund nachgehen, was ja oft bei TS Hunden nicht möglich ist, und man das dann nur erahnen bzw vermuten kann. Aber eben manchen Menschen gar nicht bewusst ist, wie wichtig die Erfahrungen in der Prägephase doch sind.


      Zudem bin ich auch gespannt, was später bei der Verhaltensmedizinerin herauskommt, bzw was ihre Einschätzung ist. Denn Deprivationsschaden hatte ich bisher nicht gehört gehabt, bin erst durch diesen Thread darauf aufmerksam geworden. Und es hat mein Interesse aus gegebenen Anlass geweckt, aber eben deshalb möchte ich mich da an Experten wenden, die mir auch sagen können, ob es denn so ist, oder eben nicht. Es spricht nach dem gelesenen einiges dafür, doch haben wir eben unsere Geschichte, die man ja bei einem TS Hund nicht immer nachvollziehen kann. Für mich ist das ganze ein ganz neues Thema, welches mich wirklich sehr interessiert, auch die Erfahrungen manch anderer HH.
      Es ist doch so, das man eine Diagnose braucht, und die aber auch nicht einfach so erhält bzw erhalten kann. Dazu braucht es doch einiges an Untersuchungen oder ?! Ob denn nun ein Deprivationsschaden vorliegt, kann doch nur durch eingehende Informationen, dementsprechendes Verhalten etc bestätigt werden.

    • Hallo,


      ich bin ehrlich gesagt nicht der Meinung, dass es ein Modetrend ist. Ich glaube das mit dem ganzen Import von Auslandshunden und Welpenhandel das erst überhaupt Thema wird. Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst wie wichtig die ersten Lebensmonate sind. Wenn das verpasst ist, kann man das eben nicht mehr aufholen, keine Chance. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht mit dem Hund arbeiten sollte. Man muss das aber akzeptieren und im Rahmen der Möglichkeiten trainieren, keine Wunder erwarten. Ich weiß, dass mein Hund nie "normal" sein wird. Und nur weil er nicht schnappt oder nach vorne geht, heißt das nicht, dass er "nur" ein Angsthund ist. Letztendlich kann man Deprivation eh nur feststellen in dem man das Gehirn untersucht, alles andere basiert ja nur auf Verhalten und das ist immer subjektiv.
      Jemand mit Angsthund ist ja auch nicht besser dran als jemand mit Deprivationshund. Das unterscheidet sich wahrscheinlich einfach nur nach Hirnstruktur, kann doch aber in der Ausprägung ähnlich sein. Bei meinem Hund sieht man auf jeden Fall, dass da im Kopf etwas nicht stimmt. Das ist bei ihm so als würde er beim Denken den Faden verlieren und macht dann entweder gar nichts mehr oder das Verhalten in Endlosschleife.


      Deswegen meine ich, ist es so wichtig einen Welpen von Anfang an alles beizubringen auch wenn er manches vielleicht nicht braucht. Ist das verpasst, ist es zu spät. Mit einem schon "verlorenen Hund" wie aus 2. Hand oder TS-Hund, kannst du nur noch Schadensbegrenzung machen, WENN da etwas schief lief. Ich will nicht sagen, dass das keine tollen Hunde werden können oder alle verkorkst sind. Aber wenn man sich bewusst ist, dass die ersten Monate so wichtig sind, dann muss man sich darauf einstellen, dass es schwierig werden kann. Und das ist vielen nicht klar in Zeiten wo man Hunde immer noch aus dem Kofferraum oder im Zooladen kaufen kann.


      Bei uns ist es momentan wieder so schlimm, dass er versucht den Spaziergang zu verlängern sobald wir in die Straße einbiegen, weil er die Reingeh-Situation vermeiden möchte und das trotz Regen.

    • Jetzt habe ich noch eine Frage: Wenn der Hund ein Deprivationssyndrom hat, und man fängt in der knapp 15 Lebenswoche mit ihm langsam an, ihn an äussere Dinge zu gewöhnen, ist das dann auch falsch ? Bin jetzt ein wenig verwirrt, weil ich auch gelesen habe nur Einzeltraining und nicht in die Stadt z.B. In dem Fall hätte ich es ja bei meinen Hund noch schlimmer gemacht :???:

    • Bin ja nun nicht der Experte, aber für mein Empfinden, hättest Du es gemerkt, wenn es ein Fehler gewesen wäre. Ich merke bei Eddie jedenfalls sofort und postwendend, wenn ich einen Fehler mache (oder der passiert, kann man ja nicht immer beeinflussen).


      Eddie war ja noch nie in der Stadt. Aber als er mal wirklich gute Fortschritte gemacht hatte, sehr entspannt war und alles wirklich prima war, hatte ich eine ganz tolle Idee :| Ich bin gegen Abend mit dem Rad mit ihm ins Dorf (!) gefahren und wollte nur schnell Geld aus dem Automaten ziehen. Mach ich nie wieder. Der Hund hat dermaßen das Gebäude zusammengeschrieen, dass ich mich heute noch wundere, dass da nicht Polizei und Amnesty aufgelaufen sind.

    • Glaube ich nicht Michi. Ist es nicht so das bei Deprivation bestimmte Nervenzellen nicht gebildet werden, weil sie in den ersten Lebensmonaten nicht gebraucht werden ? Sprich der Hund hat von seiner Gehirnentwicklung einfach weniger Möglichkeiten zu lernen und sich einzufügen, zu generalisieren.
      Wenn Du dich an Mavericks Fahrradproblem erinnerst ? Ich sage immer ihm fehlt das Fahrradgen - er wird immer Angst davor haben. Trotzdem sieht er ja täglich Fahrräder, das bleibt ja nicht aus. Ich denke aber nicht das es ihm schadet, er lernt nur nicht daraus. Außer natürlich Stress und damit kann er schwer umgehen.
      Es gibt viele Dinge die er lernen kann, deshalb sage ich ja immer, das er kein Deprivationshund ist. Er ist aber anders als andere Hunde. Am Anfang hatte er vor der Welt Angst, vor dem Leben ..... gelernt hat er trotzdem, aber das dauert halt länger und es gibt immer wieder Rückschritte. Insgesamt hat er mehr gelernt als jemals jemand für möglich gehalten hätte und das finde ich gut. Am liebsten würde ich heute mal alle Hundeschulen die ihn damals abgelehnt haben besuchen.


      Und natürlich ist Aufklärung wichtig, nicht das mich hier einer falsch versteht. Ich habe einige Angsthunde in Spanien in der Vermittlung und ich weiß das die meisten von ihnen auch niemals vermittelt werden - dazu kläre ich viel zu gut auf und dann laufen die Interessenten schreiend weg. Aber es bringt ja sonst nichts. Es gibt ja nur wenige Menschen wie wir, die sich auf solche Hunde einlassen können. Ich werde aber immer wieder gezielt nach ängstlichen Hunden gefragt, weil die ja so anhänglich und lieb sind :hust:

    • Ich versteh schon, was Ninma damit sagen will...


      Ausgehend davon, was es für ein Deprivationssyndrom braucht bzw. eben was alles nicht da war.


      Nur weil zB ein Straßenhund bis zu seinem 6. Lebensmonat keinen näheren Kontakt zu Menschen, Halsband& Leine, Stadtverkehr (wie in unseren deutschen Städten zB) hatte, ist er eben noch lange nicht depriviert.
      Seine Entwicklung kann zBlediglich seiner Umgebung angepasst sein.


      Nicht jeder TS-Hund aus dem Ausland und nicht jeder Hund, der auf dem Bauernhof aufgewachsen ist, ist depriviert...
      ZB Aufwachsen im Zwinger - der wird ja zumindest ab und an mal gereinigt werden und der Hund gefüttert - was zwangsläufig einen gewissen Kontakt mit Menschen bedeutet.
      Nur eben nicht so, wie es für den "0815-im Haushalt lebenden Familienhund" wäre.
      Ganz reizarm ist das Leben in einem Zwinger nicht. Auch wenn es eben nicht den Reizen entspricht, mit denen ein Hund im Haushalt auf nem Dorf mit ganz normalen Gassigängen etc. pp konfrontiert wird.


      Ich erlebe es schon auch so, dass gerade ängstlichen TS-Hunden, die Anpassungsschwierigkeiten haben, der Stempel Deprivationssyndrom aufgedrückt wird, egal ob sie jetzt innerhalb von 6 Wochen massive Fortschritte gemacht haben, nur halt immer noch nicht "so" sind, wie man es sich vorstellt...

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